Spurenzeichen Spuren zeichnen
Alltägliches. Überall hinterlassen wir unbeabsichtigte Spuren, die den Raum verändern Markierungen, Ablagerungen, Abnutzungen. Spuren sind etwas. Durch sie können vergangene Ereignisse rekonstruiert werden. Spuren führen immer in die Vergangenheit, niemals in die Zukunft. Sie sind Aufzeichnungen der Vergangenheit und stehen symbolisch für gelebtes Leben.
Das Konzept meiner Arbeiten ist es, Aufzeichnungen von Orten zu sammeln. An jedem Ort werden durch Umwelteinflüsse, Lebewesen oder Materialien ganz unterschiedliche Spuren hinterlassen. Mit dem Medium Zeichnung ist es mir möglich vergangene Ereignisse festzuhalten. Durch Kraftaufwand werden mit Hilfe von Linien, Punkten und Flecken, Bewegungen fixiert.
Das Ergebnis sind Zeichnungen, welche aus zufällig entstandenen Spuren bestehen. Punkte, Linien und Flecken setzen sich zu komplexen Bildern zusammen. Sie sind chaotisch und nicht konstruiert. Jede Zeichnung entsteht aus einem Prozess. Dieser Schaffensprozess ist ebenso wichtig, wie das Endergebnis selbst. Durch die Auswahl bestimmter Titel gebe ich Hinweise auf den Entstehungsprozess meiner Arbeiten, sowie Verweise auf Ort und Zeit.
Ich sammle diese Spuren, indem ich Metallplatten an ausgewählten Orten hinterlasse. Die Metallplatten verbleiben für einige Tage an diesen ausgesuchten Plätzen. Da Spuren auf beiden Seiten der Platten entstehen, drucke ich nicht nur die Vorderseite, sondern auch die Rückseite des Blechs. Dadurch ergeben sich immer zwei Drucke je Platte, wobei es erstaunlich ist, dass jeder der entstandenen Drucke, trotz gleicher Ausgangssituation, anders ausfällt. Jedoch kann man nicht genau sagen wodurch die Spuren wirklich entstanden sind. Die Abnutzungen ergeben sich zufällig und das Ergebnis wäre ein anderes, wenn die Metallplatten anderen Umwelteinflüssen und Geschehnissen ausgesetzt worden wären. Ich habe keine Kontrolle über die Komposition. Die Zeichnungen haben ein Eigenleben.
Man versucht in den Spuren Formen zu erkennen und man verirrt sich immer wieder aufs Neue. Bei dem Betrachten der Zeichnungen entsteht eine Tiefenillusion. Jede der Zeichnungen geht über das Blatt hinaus und man hat das Gefühl einen Ausschnitt eines unendlichen Raums, ähnlich einer Galaxie, zu sehen. Es hat den Anschein, als läge über jeder Zeichnung ein Grauschleier, welcher einer Nebelwand oder einem Schleier gleicht. Wenn man durch diesen hindurch sieht, befinden sich dahinter fliegende oder schwebende Objekte. Einige der Gegenstände sind ganz nah, andere wiederum ganz weit weg. Sie erzeugen eine Bewegung im Raum. Der Blick wandert. Die Aufmerksamkeit wird von einem Punkt zum nächsten gezogen und man verirrt sich in den Zeichnungen. Außerdem wird man dazu animiert, die Zeichnungen von verschiedenen Blickwinkeln aus zu betrachten. Zunächst aus der Entfernung und später aus näheren Positionen, um nicht nur das Gesamte zu erfassen, sondern auch Feinheiten erkennen zu können. Das Auge entdeckt ständig etwas Neues und es entsteht nach und nach ein immer größeres Verlieren in vergangenen Geschehnissen.
Madeleine Gorges